Leichtbau: Schlüsselfaktor zu Effizienz

Interview mit Peter Wouda

 

Interview

Herr Wouda, sie waren maßgeblich an der Designentwicklung des XL1 beteiligt. Welches waren dabei die Anforderungen an die Gestaltung und was waren die größten Herausforderungen?

Beim Design des Volkswagen XL1 hatten wir es mit ganz neuen Maßstäben zu tun. Um das effizienteste Serienauto der Welt zu gestalten, mussten wir die bekannten Wege verlassen und vieles neu erfinden. Der Verbrauch von 1 Liter auf 100 km ist spektakulär, wie auch die Proportionen des Autos. Der XL1 ist von vorne flach und breit, an der Seite ist er niedrig (1,15 m) mit einer dynamischen Spannung und hinten ist er aufgrund der Aerodynamik sehr schmal. Wir wollten ihn auf jeden Fall klar als Volkswagen gestalten mit eigenständigem Charakter. Er hat eine eindeutige VW-DNA mit klaren Linien, präzisen Kanten und einer horizontalen Ausgewogenheit. Bei diesem Auto habe ich als Designer enger als je zuvor mit den Aerodynamik-Spezialisten zusammengearbeitet. Nur so konnten wir eine Karosserie formen, die unseren höchsten Ansprüchen an Ästhetik genügt und gleichzeitig einen Luftwiderstandsbeiwert- Rekord von CW 0,189 für Serienautos aufstellt.

Welche Rolle spielte das Thema Leichtbau bei der Entwicklung des XL1?

Leichtbau und Aerodynamik sind Schlüsselfaktoren zur Effizienz. Die Gewichtsspirale haben wir beim XL1 umgedreht und zurückgeschraubt. Das Auto hat ein Monocoque und eine Außenhaut aus karbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK). Viele andere Teile sind aus Magnesium und Aluminium. Auf überflüssige Komponenten wie elektrische Sitzverstellung oder elektrisch versenkbare Seitenscheiben wurde verzichtet. Der XL1 braucht mit seinen schmalen Reifen und dem Gesamtgewicht von 795 kg auch keine servounterstützte Lenkung.

Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Themas Leichtbau im Automobilbau insgesamt?

Leichtbau kommt dem Verbrauch und somit der Reichweite zugute. Immer wenn ich beschleunige oder bergauf fahre, spielt jedes Kilogramm eine Rolle. Aber abgesehen von der sachlichen Betrachtung ist ein leichteres Auto auch agiler, spritziger und bietet somit mehr Fahrspaß.

Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich dadurch für die Gestaltung von Automobilen?

Als Designer suche ich nach einer Ästhetik, die den Leichtbau als Innovation sichtbar macht. Das können sichtbare Materialien wie Carbon sein, wenn es authentisch ist, wie zum Beispiel im Schweller und Interieur vom XL1. Das kann aber auch die Behandlung von Flächen und Kanten sein, mit deren Gestaltung ich Leichtigkeit visualisiere. Manchmal stehen echte Leichtigkeit und „leicht aussehen“ im Widerspruch zueinander. Ein Auto mit großen Fenstern wirkt luftig und leicht. Glas ist ein sehr schweres Material, und das gleiche Auto mit kleineren Fenstern und dafür mehr Blech wäre tatsächlich leichter. Beim XL1 kam besonders dünnes Spezialglas und Polycarbonat für besonders leichte Scheiben zum Einsatz. Der VW XL1 ist eben ein Auto der Zukunft gebaut für die Gegenwart.

Vielen Dank für das Gespräch.

 
Peter Wouda,
Leiter Exterior Design,
Volkswagen Design Center,
Potsdam
 
 

Das Interview führte Dietmar Mühr, Geschäftsführer der PLEXGROUP, im Mai 2014.